Pagoden, Pagoden, Pagoden

So. 06.11. Voll ausgeruht starten wir gegen 07:30 Uhr zum Frühstück. Das Bild ist in den meisten Hotels das Gleiche. Es wird internationales Frühstück angeboten mit einem Schwerpunkt auf asiatischen Speisen. Manchmal gibt es etwas Käse und Wurst woher auch immer, aber meistens reduziert sich das Frühstück auf Omelett, Rühr- oder Spiegelei, Toast mit Marmelade sowie Croissants und Muffins die aber selten die Qualtität unserer Varianten erreichen. Gut man darf auch nicht vergessen, wo man hier ist. Dazu frisches Obst wie Wasser- und Honigmelone, Ananas und Papaya in unterschiedlichen Qualitäten.
Wir stärken uns also für den Tag, bevor unser Tal uns gegen 09:00 Uhr abholt. Ziel sind die Tempel von Bagan, die wir in den nächsten 3 Tagen erkunden wollen. Vorab ein paar Worte zu Bagan:
Lt. Reiseführer eines der Highlights einer jeden Myanmarreise. Ab 1047 wurde hier das erste birmanische Reich gegründet. Mit der Etablierung des Buddhismus als Volksreligion entstand ein atemberaubender Bauboom religiöser Stätten, der in den nächsten 250 Jahren zu mehr als 4.000 Tempeln führte. Heute sind 2.230 Stück gelistet, der Rest fiel dem geänderten Lauf des Ayeyarwady, Erdbeben und dem Zahn der Zeit zum Opfer. Also Bagan, Mandalay, Ava, Yangon. Wir lernen: Der Burmese ändert gerne mal seine Hauptstadt. Da sind wir ja mit Bonn und Berlin auf einem guten Weg.

Am Vormittag besuchen wir 4 Tempel, namentlich die Shwezigon, welche eine der schönsten und am besten erhaltenen ist, den Gubyaukgyi, Htilominlo, sowie den Ananda. Alle Tempel sind begehbar und enthalten Buddhastatuen, sowie teilweise uralte Wandmalereien. Wenn man diese teilweise hoch entwickelten Techniken sieht, fragt man sich, an welcher Stelle die Leute hier den Anschluss an die westliche Welt verloren haben.
Danach geht es zum Mittagessen ins Tharabar 3. Zentrum des alten Bagan ist das Tharabar-Tor, von dem noch Reste erhalten sind und welches ein Teil der früheren Stadtmauer war. Um dieses Tor haben sich mehrere Lokalitäten angesiedelt, welche sich sinnigerweise Tharabar 1, 2 und 3 nennen. Tharabar 3 ist eine Empfehlung aus dem Reiseführer und wir wollten es bereits gestern Abend schon ausprobieren, mussten aber feststellen, dass es nur mittags geöffnet hat. Daher haben wir Nr. 2 ausprobiert.

Das Tharabar 3 ist das, was man in Bangkok eine Straßenküche nennen würde. Kleine Monoblock-Hocker an Metalltischen unter einem großen, alten Baum. Der Hinweis: „Das Lokal ist unter einem großen Nienbaum gelegen“ ist hier in Myanmar definitiv kein Alleinstellungsmerkmal. Der Boden ist staubig und die Küche auf den ersten Blick nicht als solche zu erkennen. Mehrere Wok ähnliche Gefäße auf offener Flamme in denen verschiedene Currys brutzeln und Hähnchenteile frittiert werden. Der Laden brummt, denn es ist offensichtlich Mittagszeit. Überwiegend Einheimische, die einen kleinen oder großen Snack zu sich nehmen. Wir entscheiden uns für Schweine-Curry und gebratenes Hähnchen, da wir mittlerweile wissen, dass es ungefragt noch etliche Dinge dazu gibt. Was die Leute aus der Küche hauen ist genial – meiner Meinung nach mit das Beste was wir bisher in Myanmar bekommen haben, und das Günstigste auch noch. Wir laden unseren Guide und Fahrer mit ein und ich zahle incl. Getränke umgerechnet 8,-- Euro!
Nach dem Mittagessen haben wir Freizeit bis um 16:00 Uhr, die wir am Pool verbringen. Am Nachmittag besuchen wir eine Werkstatt für Lackarbeiten. Wie schon bei den Webereien, Silberschmieden und Holzschnitzereien vorher, kann man nur staunen über die Perfektion und Fingerfertigkeit der Künstler. Viele der birmanischen Handwerke sind meist deshalb zur Kunst geworden, weil sie sich auf der Suche nach Perfektion im buddhistischen Alltag einer langen Tradition erfreuen. (Zitat Loose). Die Produkte dienten in erster Linie der Verschönerung der Tempel.
In der Werkstatt werden Bambusstäbe in feinste Streifen geschnitten und dann zu - vorzugsweise runden – Skulpturen, Gefäßen oder Behältnissen verarbeitet. Danach werden über mehrere Wochen bis zu 24 Lackschichten aufgebracht, um die verschiedenen  Farben und Goldeinlagen zu erzeugen. Solchen Werkstätten ist in der Regel immer ein Showroom angeschlossen, doch hat das Ganze keinen Kaffeefahrtcharakter. Man bekommt viel eher ein Gefühl dafür, welcher Aufwand für solche Produkte betrieben wird. Ich könnte hier schon das Ein oder Andere mitnehmen.

Am Nachmittag besuchen wir dann die Shwemandaw-Pagode, wo sich sehr schön der Sonnenuntergang über dem Ayearwady beobachten lässt. Die umliegenden Pagoden, die für uns ohne jegliches System in den grünen Wiesen liegen, werden von der untergehenden Sonne angeleuchtet. Da lacht das Herz des Fotografen!
Den Abend verbringen wir im Hotel, da das Curry vom Tharabar 3 noch vorhält. In Burma werden die Currys bereits in den frühen Morgenstunden aufgesetzt und köcheln den ganzen Tag. Ohne Chili würde das Ganze bei uns auch als Gulasch durchgehen. Zur Konservierung befindet sich in den Töpfen auf dem Curry eine dicke Schicht Öl, von dem beim Verteilen auch immer reichlich auf den Tellern landet. Currys zählen daher nicht zu den fettarmen Gerichten. Wir entscheiden uns stattdessen für zwei Bier im Hotel, die in etwa den Gegenwert von zwei Essen und eine Taxifahrt in den Ort und zurück darstellen.

Mo. 07.11. Der heutige Tag startet mit einem der Highlights dieser Reise, eine Ballonfahrt über die Pagodenfelder von Bagan. Um 05:15 Uhr werden wir abgeholt und zum Startplatz gebracht. Nach einer kurzen Einweisung durch die englischen Piloten werden die Ballons aufgeblasen. Das ist schon ein besonderes Erlebnis, wenn sich diese riesigen Luftsäcke allmählich aufrichten und den Himmel verdunkeln. Fünf Ballons mit jeweils 16 Mann an Bord erheben sich in den Himmel während am Horizont langsam die Sonne aufgeht. Man kann viel mit Film oder Foto festhalten, aber manche Dinge muss man einfach erlebt haben.

Bis auf das regelmäßige Zischen der Brenner ist es absolut still. Man gleitet dahin, während über den Pagoden die Sonne aufgeht und Nebelschwaden auf den Feldern liegen. Nach ca. 45 Minuten ist der Spaß vorbei und wir landen auf einem Feld. Es gibt Champagner, ein kleines Frühstück und man kann eine DVD mit Bildern von den Passagieren kaufen, die während der Fahrt mit einer ferngesteuerten Kamera von der Außenseite des Ballons gemacht worden sind. Im Hotel haben wir noch die Möglichkeit für ein Frühstück, bevor es weitergeht zu einer kleinen Landpartie zum Mount Popa, ein erloschener Vulkan im Inland. Auf die Spitze hat der Burmese natürlich eine Pagode gebaut. Der Berg ist die Heimat der Nats, Geister die hier immer noch in der Kultur und Religion verwurzelt sind. Zweimal im Jahr findet ihnen zu Ehren ein großes Fest statt, zu denen die Burmesen in Scharen anreisen.
Auf dem Weg halten wir mal wieder an einer landestypischen Betrieb. Dieser hat sich der Toddy-Palme verschrieben, die hier auf riesigen Flächen wächst. Ähnlich wie die Chinesen beim Essen, verwerten die Leute hier nahezu alle Bestandteile. Aus dem Saft der Bäume wird Sirup und Alkohol hergestellt, die Blätter ergeben bastähnliche Platzsets  oder Stuhlauflagen und aus den Ästen lassen sich noch prima Möbel bauen. Nach der Führung bekommen wir einen Tee und einige Snacks, weshalb wir uns genötigt sehen, ein paar Palmzucker Bonbons zu kaufen.

Mount Popa ist jetzt nicht der Brüller. Oben gibt es einen guten Rundumblick auf die umliegende Landschaft, den man sich aber über 730 Stufen erkämpfen muss. Barfuß natürlich. Neben Touristen findet man hier eine große Anzahl von Affen, welche die  Stufen belagern. Ich habe im Vorfeld schon die verschiedensten Dinge über die Affen und ihre Hinterlassenschaften gelesen und vorsichtshalber reichlich feuchte Tücher eingepackt. Neueste Geschäftsidee der Burmesen ist aber anscheinend, die Treppen zu wischen und durch ständiges „… a donation for cleaning please“ darauf hinzuweisen. Der ganze Weg sieht also relativ sauber aus. Die Aussicht oben ist ganz nett, wir schießen ein paar Fotos und treten nach 20 Minuten den Weg nach unter an. Und wieder „…a donation for cleaning please“
Der Ort um den Berg bekommt gerade eine neue Straße. Neben einer riesigen Dampfwalze finden sich hier jede Menge Männer und Frauen, die Körbe mit kleinen Bruchsteinen schleppen, die zusammen mit etwas Teer die neue Schicht bilden. Hier muss halt jeder ran. Überhaupt sieht die Gegend hier deutlich ärmer aus als in Bagan, es geht also noch schlechter.
Wir nehmen ein kleines Mittagessen und begeben uns auf den Heimweg. Unterwegs erstehen wir einige Flaschen Myanmar Beer und Erdnüsse zu äußerst zivilen Preisen. Das Ganze muss jetzt nur noch unauffällig an der Rezeption vorbei und zur Kühlung in die Minibar. Apropos zivile Preise, nachdem das Hotel für die Reinigung eines Oberteils 4 Dollar berechnet, haben wir unsere Schmutzwäsche kurzerhand Tal mitgegeben, der sie im Dorf hat reinigen lassen. Umgerechnet 3,.—Euro für 10 Teile und burmesischem Weichspüler. Man muss halt Ideen haben.
Den Rest des Tages schauen wir uns noch zwei Tempel an (Lokahtheikpan, Dammayangyi) und lassen uns anschließend im Nachbarort absetzen, wo wir zu Abend essen.

Di. 08.11. Heute haben wir einen freien Tag ohne Guide und Fahrer, den wir bewußt eingebaut haben, um mal ein wenig runterkommen und eventuell die ein oder andere Pagode auf eigene Faust zu erkunden. Ursprünglich wollten wir zu diesem Zweck für einen halben Tag Fahrräder mieten, dass haben wir aber gestrichen, weil Bine immer noch ein wenig das Fett im Magen liegt. Stattdessen relaxen wir am Pool, gehen schwimmen und genehmigen uns zur Mittagszeit Bananen, einige Erdnüsse und ein gekühltes Myanmar Beer.
Für den Nachmittag haben wir uns eine Pferdekutsche reserviert. Der Fahrer spricht passables Englisch und wir zeigen ihm, bei welcher Pagode wir den Sonnenuntergang sehen wollen und wo er uns zum Essen absetzen soll. Die restliche Gestaltung der gebuchten 4 Stunden überlassen wir ihm. Die Fahrt geht über enge Feldwege, die wir mit dem Fahrrad nie gefunden hätten, oder nie gefahren wären, aus Angst nicht wieder zurückzufinden. Die Kutsche bietet, wie die meisten Fortbewegungsmittel die ich bisher in diesem Land kennengelernt habe, den Komfort einer Sänfte. Unzählige Pagoden und Stupa stehen am Wegesrand, wir besichtigen nochmal eine der größeren. 



In einem alten Teak-Holz Kloster, treffen wir auf einen jungen, ehemaligen Mönch, der uns eine Führung durch die alten Räume gibt. In einem unscheinbaren Schrank finden sich noch alte religiöse Schriften, die nach alter Tradition hergestellt wurden. Bei einem Plausch vor dem Kloster, zeigt er uns seine Sammlung von Geldscheinen und Münzen aus aller Welt. Statt eines Trinkgeldes geben wir ihm einen 5 Euro-Schein und einige Münzen. Im Gegenzug bekomme ich von ihm einen 5 Kyat-Schein, den ich immer bei mir tragen soll, weil er seinem Besitzer Glück bringen soll. So sind alle zufrieden.
Den Sonnenuntergang erleben wir wieder auf einer der vielen Pagoden. Erstmalig ist es ein richtiger, d.h. Sonne verschwindet blutrot hinter dem Horizont, ohne vorher zwischen den Wolken zu verschwinden. Wir verschießen gefühlte tausend Fotos, um in etwa diese Atmosphäre festzuhalten, was uns aber vermutlich nur schwer gelingen wird. Also sitzen wir letztendlich einfach dort und genießen.
Wir lassen uns von unserem Kutscher zu einem kleinen Restaurant zwischen Alt- und Neu-Bagan bringen, mal wieder eine Empfehlung aus unserem Reiseführer. Der Laden ist spezialisiert auf vegetarisches Essen hat aber auch Fleisch und Fisch auf der Karte. Bereits bei der Ankunft wird deutlich, dass man hier nicht mal so eben ein Taxi bekommt, so überzeugen wir unseren Kutscher auf uns zu warten und uns wieder mit zurückzunehmen. Er parkt sein Pony nebenan und setzt sich in die nebenan gelegene Kneipe. Die Hälfte seines Lebens verbringt der Burmese mit Warten.
Nun zum Essen. Der Wirt und seine Ehefrau ein älteres Ehepaar in den Sechzigern grinsen über beide Ohren, als wir uns zum Essen anmelden. Er spricht einige Brocken englisch und plaudern wir ein wenig. „Were are you from?“ – „Germany“ – „Aaoooh Germany!“. „Which town  do you live, Berlin?“ – „No, near Cologne – „Aaoooh Cologne!“. In dem Stil geht es noch einige Zeit weiter. Als wir ihm m zeigen, dass sein Restaurant  sowie er und seine Frau namentlich in einen deutschen Reiseführer erwähnt werden, ist er völlig aus seinem bescheidenen Häuschen. Zunächst bringt er mir eine von seinen landestypischen Cheroot-Zigarren, die alles mögliche enthalten, nur selten Tabak. Und dann kommt das Essen. Wir haben uns ja mittlerweile daran gewöhnt, dass das Essen hier täglich besser, günstiger oder beides wird, auch wenn man nicht mehr daran glauben mag. Aber die Beiden schießen eindeutig den Vogel ab. In meinem  Fisch-Curry tummeln sich fünf Fische – wohlgemerkt nicht Fischchen – und aus dem Kürbis in Bines Kürbis-Curry schnitzen wir zu Hallowen Masken! Dazu wie immer jede Menge Zugaben. Zum Schluss bekomme ich noch einen Flaschenöffner aus Holz mit einem geschnitzten Elefanten und Bine einen Armreif aus Laquerware (Lackarbeit). Einfach unglaublich! Wir verabschieden uns nach dem obligatorischen Gruppenfoto und versprechen, ihn weiter zu empfehlen. Satt und zufrieden lassen wir uns zurück ins Hotel kutschieren wo wir unsere Koffer packen und auf unserer Terrasse die letzten zwei Flaschen Bier trinken, die ich natürlich mit meinem neuen Flaschenöffner aufmache.

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