Von Mandalay bis Bagan

Yipeeeh Internet!!!  Für Online-verwöhnte Westler ist das hier echt eine Tortur. Seit 3 Tagen ist hier Funkstille. Dafür bekommt Ihr jetzt die gesammelten Werke.

Mandalay total
Do. 03.11. Heute ist Reisetag. Um 06:00 Uhr holt uns Arron ab, um uns zum Flughafen zu bringen. Wir verabschieden uns kurz, denn wir sehen uns ja am Ende der Reise noch einmal. Das Einchecken ist schon sehr experimentell, denn hier werden die notwendigen Daten noch per Hand eingetragen und statt Anzeigetafel  gibt es einen Burmesen, der mit einem entsprechenden Schild in der Hand durch die Wartehalle läuft und die Flüge aufruft. 
 

Der Flug mit Air Bagan ist kurz, trotzdem gibt es nach dem obligatorischen Stewardessen-Ballet  Getränke, Frühstück und feuchte Tücher.
In Mandalay nimmt uns unser neuer Guide Soe Thei (So Te) und sein Fahrer, ein lokaler Taxifahrer dessen Namen ich mir leider nicht merken kann, in Empfang und wir starten direkt mit der großen Stadtführung. Zunächst geht es zum Mahagandhayon-Kloster in Amarapura, wo ca. 1.000 Mönche leben, die heute gespeist werden. Eine reiche Familie hat Reis und einige andere Dinge gespendet. Diese werden zunächst vom Obermönch gesegnet, bevor sie an die Mönche und Novizen verteilt werden, die in einer langen Schlange an den großen Töpfen vorbei prozessieren. Die Mengen von Reisebussen, die vor dem Kloster stehen signalisieren uns, dass dies vermutlich eine ständig wiederkehrendes Ereignis und Programmpunkt sämtlicher Reiseveranstalter ist. Das Verhalten das dort an den Tag gelegt wird schwankt zwischen abstoßend und entwürdigend. Man hat bei manch einem den Eindruck, das Objektiv hängt schon in der Reisschüssel. Was tut man nicht alles für gute Fotos.

Auf dem Weg zur Mahumi Pagode halten wir an einer Weberei, wo noch wie vor 50 Jahren aus Seidenfäden traumhafte Stoffe angefertigt werden. Danach sieht man solche Dinge mit ganz anderen Augen. Natürlich ist ein Verkaufsraum angeschlossen, aber angesichts der Unmengen von Touristen die sich hier tummeln, stelle ich mir die Frage, ob das Preisgefüge so stimmt.

Die Mahamuni Statue ist das dritte der großen Heiligtümer in Myanmar und Anlaufstelle zahlreicher Pilger. Es handelt sich hierbei um eine große Buddhastatue, die auf einem Thron sitzt vor dem die Pilger beten. Männer – und nur die Männer – dürfen Blattgold auf den Buddha kleben, um ihre Wünsche zu untermauern. Bei einem Großbrand 1884 wurde der Tempel zerstört und das gesamte Gold von der Figur herunter geschmolzen. 

Schätzungen gehen jedoch davon aus, dass sich auf der Statue mittlerweile wieder zwischen 3,5 und 12 Tonnen Blattgold befinden. Die Statue hat gerade im unteren Bereich seine ursprüngliche Figur. Am Arm soll die Schicht 25 cm dick sein und die Finger sind kaum noch als solche zu erkennen. Auch hier wieder eindeutig Orangenhaut. Ich darf rauf zum Fotografieren, allerdings erst nachdem mir die Tempelwachen einen Longyi verpasst haben. Ein Longyi ist eine Art Wickelrock, der die landesübliche Kleidung auch für Männer darstellt. Sieht cool aus und hält auch kühl unterm Rock.


Beim Wiederaufbau des Tempels Ende des 19. Jahrhunderts hat mein einen italienischen Architekten beauftragt, der seine Herkunft auch nicht verleugnen konnte. Italien meets Myanmar. Überhaupt sehen wir in den nächsten 2 Tagen eine ganze Reihe von Tempeln, die allesamt unterschiedliche Architekturen habe, von daher muss ich meinen Spruch vom Vortag zurück nehmen. Pagode ist nicht gleich Pagode.


Nun geht es zum Mittagessen. In Yangon haben wir den Eindruck gewonnen, dass unser Arron das Bedürfnis hatte, uns möglichst komfortabel und magentechnisch sicher speisen zu lassen, was zwangsläufig andere Nachteile mit sich bringt im Hinblick auf Ambiente, Tourismus und Preise. Deshalb haben wir uns entschlossen, die Auswahl der Restaurants zukünftig pro aktiv mitzugestalten. Soe Thei hat etwas Bedenken, so einigen wir uns darauf, dass wir die Straßenküchen weglassen. Vermutlich ist Straßenküche in Bangkok auch was anderes als Straßenküche in Myanmar. Aber er führt uns in Restaurants mit typisch burmesischer Küche, in denen wir keine Touristen gesehen. 


Wir bestellen unser erstes burmesisches Essen in Form eines Kraben-Curry und Fried Rabbitsalad, was übersetzt soviel heißt wie gebratener Kaninchensalat, am ehesten zu beschreiben als Mangold mit Knoblauch und Zwiebeln. Wir bekommen vorab 3 Suppen, 2 Salate und gedünstetes Gemüse. Ich war mir ja bewusst, dass es eine Sprachbarriere gibt, aber so? Nein das ist absolut üblich in Myamar, sozusagen ein Gedeck, welches mit etwa 1 Euro zu Buche schlägt. Ach ja, und Nachtisch – nichtbestellt – gab es noch.


Zum Essen: Wenn ein Europäer ein einfaches burmesisches Restaurant betritt, welches eher selten von Touristen besucht wird (Local Food), passieren 2 Dinge: Alle Burmesen begutachten den bleichen Mann mit seiner blonden Frau mehr oder weniger unverhohlen und dem Europäer schießt sofort das Wort „Gesundheitsamt“ durch den Kopf. Den Laden hätten sie bei uns zugemacht. Ich würde nicht sagen typisch asiatisch, aber sehr speziell. Anders als bei uns. Des Weiteren ist burmesisches Essen nicht unbedingt was fürs deutsche Auge. Wir starten mit einer klaren Suppe mit etwas Kartoffeln und Kräutern, von der meine Frau meinte „ich würde mich nicht wundern, wenn sie hier Dein T-Shirt vom Golden Rock ausgewaschen hätten“. Aber Leute ich kann Euch sagen, saulecker!! Das zweite ist eine dunkle Consomme mit grünen Bohnen, die sich bei näherem Draufrumkauen als grüne Chili herausstellen. Sauscharf! Das Ganze wird komplettiert durch eine passierte Bohnensuppe und die Salate mit Weißkohl, Kräuter und Erdnüssen.  Ach ja, nicht bestellten Nachtisch gab es auch noch. Wir hatten ja in den letzten 2 Tagen mehrfach das Vergnügen. Es gab jedesmal Unmengen von nicht bestellten Beigaben und  es war jedesmal mehr als traumhaft gut.


Nach dem Essen besuchen wir eine Werkstatt in der Blattgold hergestellt wird. Aus einem kleinen Stück Gold in Schogetten-Größe wird in mehreren Arbeitsgängen mit reiner Muskelkraft und 3,5 Kilo Hämmern hauchdünnes Blattgold hergestellt. Die ganze Prozedur dauert 5 Stunden. Bei uns heißt das Ganze McFit und kostet 30,-- Euro im Monat.
Anschließend besuchen die Shwenandaw-Pagode, ein 150 Jahre altes Kloster welches komplett aus Teakholz gebaut ist, sowie die Kuthodaw-Pagode mit dem größten Buch der Welt. Hier sind die Lehren Buddhas auf 729 Steintafeln eingraviert. Um es richtig aufwendig zu machen steht jede Steintafel in einer Mini-Pagode von ca. 1x1 m Grundfläche und 2,5 m Höhe. Das Ganze ordentlich gruppiert um einen riesigen Tempel. Früher war einfach mehr Zeit für so etwas.

Als wäre es noch nicht genug, geht es zum Abschluss des Tages zum Mandalay Hill, dem 236 m hohen Wahrzeichen der Stadt, auf dessen Hügel – natürlich – eine Pagode steht und von dem man wunderbar den Sonnenuntergang beobachten kann.

Nach dieser Menge an Input und in Anbetracht der Tatsache das unser burmesisches Mittagessen noch vorhält, streichen wir den ursprünglich geplanten abendlichen Ausflug in die Stadt, trinken wir uns lieber nur noch 2 Bier im Garten unseres Hotels und fallen – Ihr könnt es Euch vermutlich vorstellen – todmüde ins Bett.

Fr. 04.11 Soe Thei ist gnädig und gibt uns Zeit bis 08:30 Uhr. Ausgeschlafen konnten wir daher in Ruhe das Frühstücksbuffet im Hotel genießen. Auf dem Plan stehen heute die Städte Sagaing und Ava, beides ehemalige Königsresidenzen im Umland. Vorher noch schnell den Königspalast in Mandalay. Fürs Protokoll: Wir besuchen zunächst eine Werkstatt für Holzschnitzerei und Seidenteppiche, dessen Besitzer ein netter älterer Herr fließend Englisch spricht, sich aber spätestens mit dem Hinweis „… I make you a very special price, Sir“ als Schlitzohr outet. Zwar hat er super schöne Sachen dort und speditiert auch nach Deutschland, doch angesichts abgezählten Geldes und ohne Kreditkarte verzichten wir auf einen Kauf. Außerdem wird klar, dass Asien und Buddhismus in Europa seit einiger Zeit Hip sind, und daher auch in Asien keine wirklich günstigen Buddhastatuen mehr zu erstehen sind.

Weiter geht es zur Umin-Thounzeh-Pagode auf dem Hügel von Sagaing. Vorher machen wir noch einen kurzen Stopp in einem Nonnen-Kloster zur Massenspeisung. Die gleiche Prozedur wie gestern, nur wesentlich entspannter, da ungefähr 10 Touris dort waren.
Die Umin-Thounzeh Pagode liegt auf einem Hügel und beherbergt 45 Buddhastatuen, welche für die Jahre zwischen dem 35. Und 80. Lebensjahr Buddhas stehen, in denen er seine Lehre verbreitet hat. Auf dem Rückweg machen wir Halt in einer Silberschmiede, wo in Handarbeit feinste Produkte hergestellt werden, auch hier wieder mit angeschlossenem Shop. Wir erstehen ein kleines pagodenähnliches Stück zu Dekozwecken. Den ebenfalls in großer Auswahl vorhandenen Schmuck lassen wir trotz intensiver Verkaufsaktivitäten des Personals zurück.

Für unser Mittagessen haben wir uns ein Lokal direkt am Ayeyarwady-River ausgesucht. Es war eine Empfehlung aus unserem Reiseführer, die noch nicht einmal unser Guide kannte. Sagen wir mal, es war sehr ursprünglich. Eine Terrasse unter einem riesigen 100 Jahre alten Baum, mit einfachen Holzstühlen und einigen burmesischen Gästen. Irgendwo eine Küche, aus der – mal wieder – richtig gutes Essen kommt. Und es gibt Bier vom Fass.
Nach dem Mittagessen geht es weiter Richtung Ava, im 13. Jahrhundert Hauptstadt des Landes. Heute finden sich hier noch einige Pagoden und Palastruinen. Die Straßen sind allerdings in einem so desolaten Zustand, dass man auf Pferdedroschken als Fortbewegungsmittel zurückgreift. 


Wir nehmen eine Kutsche und machen uns auf den Weg zum Bagaya Kloster welches ebenfalls komplett aus Teakholz gebaut wurde. Soe Thei schafft es, dass wir das Kloster erreichen, als die beiden Reisegruppen gerade den Rückzug antreten. Wir sind nahezu allein, abgesehen von den obligatorischen Souvenirverkäufern, die aber auch völlig entspannt sind. So können wir ein wenig feilschen, erstehen ein paar Souvenirs und quatschen ein wenig mit den Einheimischen. Die Burmesen sind – das hatten wir bereits gelesen - alle sehr nett und freundlich und haben bei weitem nicht die Aufdringlichkeit der Thailänder.


Letzter Punkt des heutigen Programms ist ein Besuch der U-Bein Brücke. Sie erstreckt sich 1,2 km über den Ayeyarwady-River und ist  komplett aus Teakholz gebaut. Damit ist sie die längste Holzbrücke der Welt. Am Abend kommen jede Menge Touristen und Einheimische, um von dort den Sonnenuntergang über dem Fluss zu beobachten. Wir mieten uns ein kleines Ruderboot  (das Letzte!)und lassen uns über den Fluss schippern, zurück gehen wir über die Brücke. Großartiges Erlebnis!


Nachdem wir uns im Hotel etwas frisch gemacht haben, nehmen wir ein Taxi in die Stadt, um noch eine Kleinigkeit zu essen. Bine hatte eine Empfehlung für 2 Restaurants mit Shan-Buffet rausgesucht. Die Lokalität erweist sich wieder einmal als sehr rustikal mit einer hohen Qualität. Mit Englisch wird die Luft allerdings schon dünn, da helfen dann auch schon mal Hände und Füße. Da es hier kein Bier gibt, geht es nach dem Essen noch in die Kneipe gegenüber. Da gibt es frisch gezapftes Myanmar Bier für 50 Ct. der Krug. Mit der nötigen Bettschwere machen wir uns auf den Weg nach Hause, schließlich ist morgen früh wieder Reisetag. Nun treffen mehrere Dinge aufeinander: Erstens werden in Myanmar relativ zeitig die Bürgersteige hochgeklappt und zweitens gibt es dort keine  Taxistände wie wir sie kennen. Hinzu kommt das Taxi nicht gleich Taxi ist. Es gibt Motorroller, Pickups, Autos, etc. und die wenigsten tragen ein Taxizeichen, geschweige denn ein beleuchtetes. Übliche Praxis ist es daher, einen Preis für Hin– und Rückfahrt auszuhandeln und den Fahrer warten zu lassen. Hätten wir mal besser auch gemacht. Wir gehen also zu Fuß in Richtung Hotel und versuchen unser Glück, allerdings ohne Erfolg. Nach einer Weile gehe ich in ein Restaurant und versuche ein Taxi zu ordern, doch die Dame scheint mich nicht zu verstehen. Am Tisch steht ein Mann auf und sagt „Taxi? No Problem, please wait 30 minutes“ Die braucht er vermutlich, weil er gerade einen Krug Bier bekommt. Ein weiterer steht bereits leer auf dem Tisch. Das ist also auch keine Option. Nachdem wir dankend ablehnen – man will ja nicht unhöflich sein - stehen wir am Straßenrand und schauen in das Plänchen in unserem Reiseführer, wie wir am besten die restlichen 3 km zum Hotel zurücklegen. Im Rücken der halbe burmesische Biergarten, der uns tatkräftig unterstützt. Da taucht ein junger Burmese mit einem Fahrrad auf und erklärt uns in fließendem Englisch, dass er uns gerne ins Hotel fährt. Bei genauer Betrachtung entpuppt sich das Fahrrad als eine Art Rikscha. An einer Seite sind Rücken an Rücken zwei, ich würde mal sagen Kindersitze, angebracht. Bine lehnt direkt ab, weniger aus Angst vor der Fahrt als bei dem Gedanken einen hilfsbereiten Burmesen derart zu misshandeln, indem er zwei gut genährte Deutsche durch die Stadt kutschieren muss. Letztendlich siegt aber die Bequemlichkeit. Wir steigen ein, der Burmese ächzt und schwitzt, hat aber noch genug Energie für ein kleines Schwätzchen. 32 Jahre, hochgebildet und vor einem Monat aus Thailand zurückgekommen, wo er die letzen 3 Jahre gelebt hat nachdem er Myanmar wegen des politischen Systems verlassen hat bzw. musste. Tja hier gibt es jede Menge Potential, was sich nicht entfalten kann.

So geht wieder ein aufregender Tag zu Ende. Das alles hört sich verdammt anstrengend an, aber ich kann Euch beruhigen, dass ist es auch. Spätestens am nächsten Tag brauche ich unseren Reiseführer und die geschossenen Fotos, um nach zu verfolgen was wir alles gesehen haben. Aber es macht unglaublich Spaß.

Aufbruch nach Bagan
Sa. 05.11 Heute ist wieder Reisetag. Es geht mit dem Boot den Ayeyarwady-River hinauf bis nach Bagan. Eingecheckt wird um 05:30 Uhr, daher geht um 04:00 Uhr der Wecker. Auf dem Boot gibt es reservierte Plätze, die sind allerdings innen und wie immer hier auf 10°C runtergekühlt. Draußen auf Deck gibt es Korbstühle die natürlich nicht für alle reichen. Im Laufe der Fahrt die 9 Stunden dauert reguliert sich das aber, so dass sich jeder mal draußen aufwärmen kann. Viele sitzen die ganze Zeit draußen, was am Nachmittag am krebsroten Oberkörper zu erkennen ist. Wir kommen ins Gespräch mit einer deutschen Reisegruppe und ich finde endlich mal Zeit, an unserem Reisetagebuch zu schreiben.


Gegen 15:00 treffen wir in Bagan ein, wo wir von unserem neuen, nunmehr dritten Guide mit Namen Tal abgeholt werden.  Die Fahrt ins Hotel dauert knapp 10 min, aber bereits hier wird klar, dass Bagan mit Mandalay nicht zu vergleichen ist. Es gibt keine geteerten Straßen und alles wirkt deutlich ärmer. Dafür trumpft unser Hotel mit allem möglichen Komfort auf, allerdings zu gepfefferten Preisen. Für den Rest des Tages haben wir frei, so springen wir erst einmal ins Pool, von dessen Fließkante man einen Blick auf den Ayeyarwady-River hat der in ca. 50 m Entfernung ruhig vorbeifließt. Eine Stunde später geht hier die Sonne unter. Mann ist das kitschig.

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