Vom Haveli ins Haveli

Heute geht es weiter Richtung Mandawa. Da es bis dorthin nicht so weit, bzw. die Straße in einem sehr guten Zustand ist, verabreden wir uns mit Rewat für 10:00 Uhr. Weil ich überdies darauf verzichtet habe bis spät in die Nacht am Blog zu schreiben, können wir erstmalig etwas ausschlafen. Schräg gegenüber von unserem Hotel befindet sich ein, wir würden sagen, Kaffeebüdchen, wo morgens die Inder stehen und Ihren Chai trinken. Rewat hat sich dort gestern einen Chai-to-go ans Auto bringen lassen. Für heute haben wir vereinbart, dass wir dort gemeinsam einen trinken. Chai – wat is dat denn?


Also platt würde man sagen Gewürztee, aber das wird dem Ganzen nicht gerecht. Chai wird auf Anforderung frisch zubereitet. Dazu gibt man Teeblätter zusammen mit Milch und etwas Wasser in einen Topf und lässt es aufkochen. Dazu kommt eine Gewürzmischung – Marsala – die unter anderem Kardamon und Pfeffer enthält,  sowie frischer Ingwer und Zucker. Das Ganze wird solange aufgekocht, bis das Wasser verdunstet ist und fertig ist der köstliche Chai. Wieder was gelernt.

In der Region um Mandawa leben seit jeher reiche Kaufmannsfamilien, die vor ungefähr 150 Jahren wunderschöne Handelshäuser sogenannte Havelis gebaut haben, wofür die  Region heute bekannt ist. Teils sind diese Havelis heute noch bewohnt, teils  schauen sogenannte Watchman – bei uns würde man sagen Hausmeister – nach ihnen, während die nach wie vor reichen Familien in Delhi oder Mumbai wohnen. Wiederum andere verfallen langsam aber sicher vor sich hin.

Beim Stöbern im Reiseführer stoßen wir auf Nawalgarh, einen Ort ca. 10 km von Mandawa entfernt, in dem besonders schöne Haveli stehen sollen. Wir sprechen mit Rewat, er kennt den Ort, muss aber zugeben, dass er bisher noch nicht hier war. Tja, mit uns lernt selbst der Inder in Indien noch was Neues. Wir erreichen den Ort und Rewat muss sich erst einmal durchfragen. Er trifft aber einen seiner vielen Kollegen an dessen Bus er sich ranhängt. Was wir über Rewat noch nicht erzählt haben: er war 17 Jahre in der Armee, was einem ja schon ein gewisses Gefühl der Sicherheit gibt. Darüber hinaus ist er aber auch Präsident der Vereinigung der Touribusfahrer von Rhajasthan (oder so ähnlich, ich habe seinen Ausweis gesehen). Da kann ja eigentlich nichts mehr schief gehen.


Wir halten vor dem schönsten Haveli des Ortes und sofort springt uns ein selbsternannter Guide zur Seite. Die Geschichte ist immer ähnlich, diesmal ist es ein Student der sich Geld hinzuverdienen muss. Als erstes eine klare Ansage unsererseits – no Shops. Nein auf gar keinen Fall. Als wir über Geld reden wollen, wiegelt er ab. Es ist keine Frage des Geldes, er macht es ja gerne, und wir sollen hinterher entscheiden, was es uns Wert war. Solche Geschäftsmodelle gibt es ja auch bei uns, bei Restaurants, Theatern oder Zeitungen. Ich denke im Zweifelfall gibt man mehr, haben wir auch gemacht. Er war aber auch richtig gut. Gutes Englisch, gutes Fachwissen und mit dem Wissen um die Foto Locations.


Nachdem wir im ersten Haveli durch sind, nehmen wir in einer Straßenküche – ja, endlich unsere erste indische Straßenküche – gemeinsam zwei verschiedene Arten von Samosas und etwas süßes Gebäck zu uns, sowie einen Chai, alles total köstlich. Wenn das so weiter geht, bin ich der erste Tourist, der aus Indien mit Übergewicht zurück kommt. Gemeinsames Gesprächsthema in solchen Situation sind immer wieder gerne die verschiedenen Bollywoodfilme, von denen wir vor unserem Urlaub noch einige angesehen haben. Tolle Bilder, Kostüme und Musik, einfache Story. Ist wie Rosamunde Pilcher auf indisch, bloß länger. Der normale Bollywoodstreifen läuft zwischen 3 und 4 Stunden. Auf jeden Fall stand die halbe Straßenküche Kopf, als Bine eines der Lieder dem richtigen Film zuordnen konnte. Spaß auf indisch.
Wir besuchen das nächste Haveli, welches wie das vorherige aufgebaut ist, wo wir aber auch die oberen Etagen besichtigen können und vom Dach einen Blick über den Ort haben. Das letzte Haveli liegt etwas abseits in einer kleinen Seitenstraße. Hier wohnt ein Watchman, ein 80 Jahre alter Inder mit gegerbter Haut und klassischer Kleidung. Er führt uns durch sein Haus, posiert für uns vorm  Fenster und zeigt uns, wie man einen Turban wickelt. Da er auch in unserem Reisführer erwähnt wird, gehe ich davon aus, dass wir nicht seine ersten Touristen waren. Trotzdem nett. Wir verabschieden uns von unserem Guide, geben ihm ein nettes Trinkgeld und fahren weiter Richtung Mandawa.

Das Hotel in welchem wir nächtigen, haben wir uns ausgesucht. Das hat zur Folge, dass Rewat es zwar kennt, aber noch nicht war und wieder nach dem Weg fragen muß. Es ist ein altes umgebautes Haveli, wobei die Zimmer topmodern sind. Bei der Ankunft fängt eine 2-Mann-Kapelle (1 Trommler, 1 Blechbläser) mit ohrenbetäubendem Lärm an zu spielen und es gibt direkt ein Kaltgetränk sowie eine Blumengirlande. Als wäre ich Maharadscha, der mit seiner Maharanji Einzug hält.



Für den Abend haben wir eine Restaurantempfehlung aus unserem Reiseführer ausgesucht und wir laden Rewat zum Essen ein. Was soll ich sagen, er kennt das Restaurant, war aber noch nie da. Ich glaube heute ist sein Tag. Als wir Richtung Mandawa fahren, beginnt es zu blitzen. Eigentlich hatten wir das Restaurant unter anderem wegen der Dachterrasse ausgesucht, aber das ist momentan keine gute Idee. Es stellt sich aber heraus, dass die Hälfte der Terrasse durch einen Wintergarten überdacht ist, so das wir geschützt sitzen können. Wir bestellen 3 verschiedene Gerichte, Reis und Brot und jeder kann alles probieren. Alles schmeckt super lecker, mein Problem ist eher, dass ich mir die ganzen Namen nicht merken kann und beim nächsten Mal wieder vor der Speisekarte sitze wie der Ochs vorm Berg. Als wir zurückfahren blitzt es immer noch, aber kein Donner ist zu hören. Mittlerweile hat es angefangen richtig zu regnen, der Donner ist dazu gekommen und ab und zu fällt der Strom aus. Wildromantisch. Morgen werden wir uns noch Mandawa ansehen, bevor es weitergeht.

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