Wir packen die Täsch für Marrakesch


Ziel unseres kommenden Urlaubs soll Marokko sein. Es ist etwas Neues, es ist etwas exotisch und es ist in knapp 4 Stunden zu erreichen. Und in Anbetracht der zunehmenden Corona-Hysterie keine so schlechte Wahl. Skiurlaub in Südtirol könnte momentan möglicherweise ins Auge gehen. Wie so oft ist es auch diesmal eine selbst organisierte Reise durch Land. Der Urlaub startet und endet in Marrakesch und dazwischen haben wir für 10 Tage einen Mietwagen, mit dem wir durchs Land fahren.
Marrakesch zeigt sich von seiner besten Seite. Als wir gegen 16:15 Uhr landen, scheint die Sonne und im Landeanflug erhaschen wir einen ersten Blick auf das im Hintergrund liegende Atlas-Gebirge mit seinen schneebedeckten Spitzen. Wir haben hier für 3 Nächte ein Riad inmitten der Altstadt und uns in weiser Voraussicht von dort einen Shuttle-Service organisieren lassen. Die Einreise geht zügig, wir zeigen unsere Ausweise und geben unsere ausgefüllten Zettel ab, auf denen wir mehr oder weniger bestätigen, dass weder wir noch einer in unserem Umfeld Corona hat. Bines größte Sorge ist, dass sie bei der Einreise irgendwelche Untersuchungen machen und ihren immer noch erhöhten Puls – maßgeblich verursacht durch die Serviceleistung der Eurowings-Truppe – als mögliches Symptom werten und uns kurzerhand für die nächsten 14 Tage in Quarantäne stecken.
Nachdem wir diese erste Hürde genommen haben, besorgen wir uns etwas Landeswährung und eine inländische SIM-Karte (20 GB für 20,-- EUR) und ab geht’s nach draußen. Dort ist es lecker warm und Heerscharen von Taxifahren, Schilder mit Hotelnamen in der Hand, warten auf Kundschaft. Nach einigem Suchen finden wir unseren Fahrer und ab geht es durch den samstäglichen Feierabendverkehr Richtung Innenstadt. Da wir heute nicht selbst fahren müssen, können wir dem Chaos, welches trotz allem einem bestimmten System folgt, gelassen zuschauen.
Nach 10 Minuten erreichen wir den Djemaa el Fna, oder auch Gauklerplatz und eine der Landmarken von Marrakesch. Für den Wagen ist nun Endstation. Ein Mitarbeiter des Hotels nimmt uns in Empfang und zu Fuß geht es weitere 10 Min. durch die Altstadt. Die ohnehin nicht so breiten Gassen werden durch die verschiedenen Auslagen noch einmal schmaler und sind voll von Touristen, dazu Einheimische auf betagten, aber dafür lauten Mopeds. Genau der richtige Willkommensgruß nach einem mittlerweile 10-Stunden-Tag.
Unsere Unterkunft für die nächsten 3 Nächte ist ein Riad mitten in der Altstadt. Riad bedeutet so viel wie innenliegender Garten und ist die typische Bauweise in Marokko.

Die Räume sind um einen Innenhof angeordnet, nach oben hin offen und in der Mitte befindet sich der Garten. Mittlerweile werden die Gärten zunehmend durch Wasserbecken ersetzt, so auch bei unserem Gebäude. Aufgrund der Bauweise sind die Räume eher rechteckig und die Fenster gehen in den Innenhof. Bleibt im Sommer kühl, ist aber auch die meiste Zeit stockdunckel. Dafür befindet sich oben eine nette Dachterrasse.
Nachdem wir eingecheckt haben, lassen wir uns eine Restaurant-Empfehlung geben und marschieren zurück zum Platz. Der Name Gaucklerplatz rührt daher, dass hier früher jede Menge Geschichtenerzähler, Schlangenbeschwörer und Musiker aktiv waren. Die finden sich zwar immer noch, werden aber zunehmend verdrängt durch die Händler, die hier von Obst, Dekoware, Henna-Malereien bis hin zu gefälschten Armani-Uhren und iPhone 11 alles anbieten, was das Touristenherz höher schlagen lässt.



Ein Teilbereich beherbergt Reihen von Essenständen, in denen vorzugsweise Marokkaner essen. Auf jeden Fall eine besondere Atmosphäre. Auf die Penetranz der Verkäufer wurde bereits im Reiseführer hingewiesen, aber da muss ich sagen, wer Indien überlebt hat, den stört das wenig.
Fürs Abendessen gehen wir ins Le Salama, einige Meter abseits des Platzes. Die Restaurants vorne an der Front sind verständlicherweise arg touristisch. 


Das Restaurant hat eine Rooftop-Bar auf dem Dach, welche zwar verglast ist, aber einen tollen Blick über die Dächer der Stadt bietet dazu wird coole Musik gespielt und auch Wein und Bier ausgeschenkt, eher eine Seltenheit im muslimischen Marrakesch. Das Essen ist super – zum ersten Mal gibt es Tajine und Cous Cous – und die Preise sind westlich.
Nach dem Essen gehen wir nochmal zurück auf den Platz. Es ist mittlerweile dunkel und de Lärmpegel der Musikanten nochmal angestiegen. Ich glaube ich muss jetzt ins Bett.
Wie gesagt, im Zimmer ist es völlig dunkel und als ich das erste Mal auf die Uhr schaue ist es bereits 07:30 Uhr – ich habe tatsächlich 10 Stunden durch geschlafen. Wir haben für 10:00 Uhr einen Guide bestellt, der uns ein wenig die Stadt zeigen soll, also haben wir noch ein wenig Zeit uns frisch zu machen, zu frühstücken und etwas Ordnung ins Zimmer zu bringen. Das Ganze sieht toll aus, ist aber weitestgehend unpraktisch. Der landestypische Duschkopf ist abenteuerlich und der ebenso landestypische Waschtisch wird relativ schnell unter Wasser gesetzt. Ein Schrank fehlt und die Ablagen sind knapp bemessen, so dass wir weitestgehend aus dem Koffer leben.
Zum Frühstück gibt es starken Kaffee, der Rest ist abgesehen von Oliven und Schmierkäse aus der süßen Abteilung: Obstsalat mit Joghurt, Kuchen, Honig und Dattelmarmelade. Alles sehr lecker, wird aber vermutlich nicht lange vorhalten.
Um 10:00 Uhr kommt Fadil unser Guide, um uns abzuholen. Fadil trägt die typische Berberkluft und ist in einem Alter in dem man definitiv nicht mehr arbeiten sollte. Neben Englisch und Spanisch spricht er auch Deutsch. Wir haben 4 Stunden vereinbart.


Wir starten mit etwas Kultur, wandern durch die Altstadt, durch das ehemalige jüdische Viertel und schauen uns ein, zwei Paläste an. Dazu erfahren wir etwas über die muslimische Kultur, Moscheen, Hamam und Konkubinen.



Anschließend geht es im weiten Bogen zurück zu den Souks wo die verschiedenen Handwerker ihre kleinen Betriebe haben und die Waren herstellen, die auf dem nahen Markt verkauft werden. 


Das schöne bei solch geführten Touren ist zum einen, dass man eine Menge Dinge sieht, an denen man alleine achtlos vorbei gelaufen wäre. Zum anderen brauch man sich keinen Kopf zu machen, wie man am Ende der Tour zurückfindet. Das ist besonders in den engen Gassen der Souks von Vorteil. Wir erstehen 2 Lampen für unser Wohnzimmer – nicht ohne ausgiebig zu feilschen – und am Ende der Tour in einer Färberei zwei Tücher für Bine.



Ich finde, als gemeiner Westeuropäer hat man immer ein bisschen das Gefühl, man wird hier über den Tisch gezogen. Handeln gehört hier aber zur Kultur und ist wesentlicher Teil des Kaufprozess. Wenn man sich im Vorfeld überlegt, was man geben bzw. wo man hin möchte, kann es auch richtig Spaß machen. Und objektiv betrachtet sind das handwerklich oftmals schöne Stücke, die man hier erstehen kann.
Nachdem wir unseren Guide bezahlt haben, kümmern wir uns um etwas zu essen. Auf der Terrasse des „Votre Table“ hat man einen prima Überblick und es gibt köstliche Kleinigkeiten für den kleinen Hunger zwischendurch, die uns allerdings ruckartig ins Suppenkoma stürzen, so dass wir beschließen, auf der Dachterrasse unseres nahegelegenen Riads ein wenig zu ruhen.
Gegen 17:00 Uhr starten wir dann die nächste Runde zum Sundowner. Ist allerdings gar nicht so einfach. Die Restaurants in der ersten Reihe am Platz haben bereits gut gefüllte Dachterrassen und wenn, kommt man meistens nur nach oben, wenn man auch was isst. Sitzt man unten, geben sich die schwarzafrikanischen Händler die Klinke in die Hand. Nachdem wir einige erfolglose Versuche unternommen haben und die Zeit fortschreitet, landen wir wieder im Le Salama, wo wir bereits gestern Abend waren. Am Nebentisch ein Ehepaar aus dem Rheinland mit Mutter, die wir bereits am Flughafen gesehen haben, so dass wir schnell ins Gespräch kommen. Wir erfahren, dass hier gerade Happy Hour ist, d.h. zwei Drinks zum Preis von einem. In einem muslimischen Land, wo Alkohol zumindest nicht gewünscht ist, eine coole Geschäftsidee und entsprechend voll ist der Laden. Als die drei weiterziehen, rutscht das Pärchen vom übernächsten Tisch auf – zwei Junge Leute aus Düsseldorf – mit denen wir noch eine Weile quatschen. Die Happy Hour dauert, wie wir auf Nachfrage erfahren, den ganzen Abend. Als unsere beiden Nachbarn gehen, beschließen wir noch eine Kleinigkeit zu essen. Die 4 freien Plätze an unserem Tisch werden nun durch 4 Farbige aufgefüllt, mit denen wir irgendwann ins Gespräch kommen. Sie kommen aus New York und fliegen auch nur 6 Stunden bis hierher. Wie man sieht, ist es ein bunter und kommunikativer Abend. Die Krönung sind dann die 4 Bauchtänzerinnen, die das Restaurant engagiert hat, um seine Gäste zu unterhalten.
Als wir zurück im Hotel sind, falle ich todmüde ins Bett und frage mich mich, warum unser Urlaub immer so anfängt.

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